Dunkelretreat und Gotteserfahrung

kleine leuchtende Kerzen

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Sehnsucht nach Dunkelretreat und Gotteserfahrungen

Viele Menschen verbindet innerlich eine große Sehnsucht nach Dunkelretreat und Gotteserfahrungen. Doch wie kann man sich das vorstellen? Meiner Erfahrung nach ist das ein tiefgehender Prozess, der nicht geplant, sondern nur durchlebt werden kann.

 

Umkehr der Aufmerksamkeit von außen nach innen

Wie ich in anderen Videos schon erklärt habe, fehlen im Dunkelretreat die äußeren Reize, insbesondere die, die durch die Augen aufgenommen werden. Dadurch kann sich unsere üblicherweise nach außen scheinende Aufmerksamkeit mit der Zeit nach innen richten und ganz sanft immer mehr vertiefen. Es ist, als würde sich das Bewusstsein im Inneren sammeln, sodass tiefere Inhalte und Ebenen, die (verborgen) immer da sind, in unserem Bewusstsein aufsteigen können.

 

Durch konditionierte Psyche hindurchtauchen

Es gibt unterschiedlich dicke Schichten an konditionierten Gefühlen und Gedanken, die mit vergangenen Erfahrungen zusammenhängen. Durch diese Schichten tauchen wir im Dunkelprozess hindurch. Je mehr wir da hindurch kommen, umso mehr gelangen wir in tiefere Räume, in tiefere Seins-Ebenen.

Da die tieferen Räume immer da sind, dämmern sie im Zuge des Verinnerlichungsprozesses herauf und werden von unserem Bewusstsein plötzlich erfasst – wir nehmen sie plötzlich wahr. Wir tauchen aus dem normalen Alltagsbewusstsein und dem damit verbundenen Denken und Fühlen heraus und in eine vertiefte Wahrnehmung ein. In unserem tiefsten Inneren sind wir im Grunde reines Bewusstsein, das alles weiß, alles sieht, alles schaut. Das ist, als würden wir tausend Augen haben, die rund herum, 360°, alles wahrnehmen. Wohin auch immer in diesem vertieften Gewahrsein der Aufmerksamkeits-Fokus gelegt wird – alles kann wie unter einer Lupe betrachtet und noch tiefer erfahren, noch tiefer erforscht werden.

Um also mit den tieferen Seins-Ebenen, in denen Gott erfahren werden kann, in einen fühlbaren Kontakt kommen zu können, müssen wir aus unseren Konditionierungen heraus- oder durch sie hindurchtauchen. Und das geht meines Erachtens nur, wenn die einengenden Erfahrungen aus der Vergangenheit verdaut, also wirklich verarbeitet wurden. Hängt jemand da noch fest, weil ein Trauma, z. B. in der Kindheit erlebt, bisher jedoch noch nicht verdaut werden konnte, dann ist das schwer möglich. Unverdautes Trauma zieht nach unten, ermöglicht keine nachhaltig fühlbare Verbindung mit höheren Bewusstseinsdimensionen. Dann braucht es am Ort des Traumas erst Heilung, bevor es weiter in die Vertiefung gehen kann.

Wenn Stille in unserem Denken und im See der Emotionen eingekehrt ist, beginnen die lichtvollen Dimensionen durch uns hindurchzuschimmern.

 

Dunkelretreat und Gotteserfahrungen … Lichtvollere Seins-Ebenen

Mit zunehmender Verinnerlichung und Sammlung lösen sich die Körpergrenzen und das Gefühl für Raum und Zeit auf und es werden viel feinere, bewusstere, lichtvollere Seins-Ebenen erfahrbar. Ein Pendeln zwischen “Ich bin”, “BIN” und “Sein”. Höhere Intelligenz, die erfahrbar wird, wenn wir uns “da hinauf” begeben. Es stellt sich ein tiefes Verbundenheitsgefühl ein – in und mit mir und durch mich selbst, mit anderen Personen, Gegenständen, Tieren, Pflanzen und Steinen. Mit der Welt und dem Kosmos. In diesem Zustand ist völlig klar, dass alles mit allem verbunden ist. Das ist dann keine Frage mehr, ob es so ist.

Höheres Bewusstsein kann weiter schauen. Dann ist nicht nur mein kleines Dorf, in dem ich mich befinde, zu sehen, sondern auch andere Dörfer, Länder und Kontinente. Wer noch weiter schaut, sieht: Da gibt es nicht nur die Erde, sondern auch andere Planeten und Sterne, und wir, die Erde, sind in das größere System eingebunden. Noch größere Tiefe erschaut: Es gibt nicht nur unsere Milchstraße, es gibt noch andere Galaxien. Ein größerer Bewusstseinsradius offenbart Zusammenhänge zwischen all dem Geschauten, die zuvor nicht sichtbar schienen.

Das ist in gewisser Weise vergleichbar mit einem Erwachsenen, der, weil er einen größeren Überblick hat, weiter voraus schauen und anders handeln kann, als ein kleines Kind. Ein Kind hat ein Kindesbewusstsein und versteht die Welt auf der Ebene von beispielsweise 3, 5 oder 10 Jahren. Es kann die Welt nicht so überschauen wie ein reiferer 30- oder 40-jähriger Mensch, weil dem Kind die Erfahrung und der Überblick noch fehlt. (Ich möchte anmerken, dass es heute schon viele Kinder gibt, die mit einem erweiterten Bewusstsein geboren werden und von der inneren Entwicklung her ihren Eltern einen oder mehrere Schritte voraus sind – was für diese Kinder während der Zeit der Kindheit oft nicht leicht ist.) Ein Kind wird sich während seiner Wachstumszeit auf ganz natürliche Weise – allein, von innen heraus und in der ihm gemäßen Zeit – in die Reife eines Erwachsenen hinein entfalten, wenn ihm seitens der begleitenden erwachsenen Bezugspersonen die Möglichkeit dazu gelassen und nicht an ihm herum erzogen wird.

Meiner Erfahrung nach tauchen die höheren Bewusstseinsebenen im Erfahrungsraum dann auf, wenn der Mensch die innere Reife dafür hat. Das macht mir tief Sinn, denn mit einem höheren (erweiterten) Bewusstsein gehen auch andere Fähigkeiten und eine bestimmte Verantwortung einher. Solch ein Mensch wird in der Lage sein, diesem mehr an Wissen und Sehen auch angemessen handelnd gerecht werden zu können.

 

Im Dunkelretreat Wachstumsschritte gehen

Zwischen den verschiedenen Bewusstseinsstufen oder -ebenen (es sind nicht die Bewusstseinszustände gemeint) gibt es, bildlich gesprochen, Grenzen oder Tore, die verschlossen sind, wenn die innere Reife fehlt. Die nächst höhere Entwicklungsstufe kann sich nicht oder nicht in ihrem vollen Potenzial entfalten, wenn die vorherige Entwicklungsstufe als stabile Basis fehlt. Das könnte verglichen werden mit Kindern, die den nächsten Entwicklungsschritt aus verschiedensten Gründen heraus nicht nehmen. Bei Erwachsenen ist das nicht anders. Können Entwicklungsschritte nicht gegangen werden, gibt es dafür immer Ursachen, die oft jedoch tief im Unterbewusstsein verborgen liegen.

Das Fundament eines Erwachsenen sind die Erfahrungen und Prägungen in dessen Kindheit und die Erfahrungen und Prägungen der Eltern, Großeltern und weiteren Ahnen. Auch die Kultur, in die das Kind hineingeboren wurde und aufgewachsen ist, gehört dazu. Bei Trauma-Erfahrungen ist dieses Fundament oft löchrig oder nur bruchstückhaft vorhanden.

Um Wachstumsschritte nachholen und dadurch nachreifen zu können, sind einige Prozesse notwendig: Die intern kleineren Familien- und extern größeren Kulturkeller aufzuräumen und sich den dabei auftauchenden Ängsten zu stellen (heilen und integrieren). Andernfalls werden sich höhere Bewusstseins-Ebenen nicht offenbaren können, da die Basis fehlt. Das ist wie beim Hausbau: Die oberen Etagen können nur auf ein stabiles Fundament gebaut werden.

 

Grenzwächter auf dem inneren Weg

Der innere Wandlungs-, Heilungs- und Läuterungsprozess kann zu einer Initiation führen, infolgedessen sich die Tür zur nächsten Etage öffnet. Die Pubertät z. B. ist eine Initiation in ein anderes Bewusstsein hinein. Und so ist vorstellbar, dass mit dem physischen Erwachsensein nicht Schluss ist, sondern weitere Stufen erfahrbar sind, die wiederum innere Entwicklungsschritte notwendig voraussetzen. Wer diese Reifung nicht durchläuft, die Initiation nicht besteht, kommt an den Grenzwächtern zur nächsthöheren Entwicklungsstufe nicht vorbei. Warum? Je höher am Berg, umso weiter kann geschaut werden und umso mehr Informationen werden bewusst. Kann mit den Informationen nicht verantwortungsbewusst umgegangen werden, macht es keinen Sinn, dass das alles bewusst wird. Das ist wie ein natürlicher Filter, der die höheren subtilen Welten und die damit verbundenen Informationen ausblendet. Wenn die inneren Schritte (unten, im Keller) gegangen sind, wird das Tor (oben) passierbar. Das hat eine Natürlichkeit. Ist die innere Reife da, öffnen sich die Türen in die nächste Entwicklungsstufe von allein, mehr noch, die nächst höhere Ebene offenbart sich. Das läuft parallel meiner Erfahrung nach: wie unten, so oben. Nur nach oben gehen und mehr Licht erfahren wollen, geht meiner Erfahrung nach nicht, wenn ich mir nicht auch das Dunkle anschaue und damit ebenso in Frieden komme. Es wäre kein echter Frieden, wenn das Dunkle, die Angst, ausgegrenzt und verdrängt würde.

 

Dunkelretreat und Gotteserfahrungen – was macht den Menschen als Mensch aus?

Ein längerer Aufenthalt in absoluter Dunkelheit unterstützt das Hinabtauchen in die Seelentiefe und ermöglicht die Natur des Wesenskerns zu schmecken, die Natur des Seins zu erkennen. Tiefe Gotteserfahrungen sind möglich, jedoch nicht planbar. Je mehr die lichtvollen Bereiche und die damit verbundenen Qualitäten fühlend erfahren und integriert werden, umso mehr können sich die höheren Qualitäten auch im Alltag ausdrücken. Vielleicht sind das nicht mal höhere …, sondern es sind die menschlichen Qualitäten, die uns als Mensch ausmachen.

Die emotional dunklen Keller-Etagen wurden von unzähligen Menschen über Jahrtausende verdrängt. Das Verdrängte wiederum erzeugt Wellen, Kriege und Konflikte – in unserem Leben und im Leben der nachfolgenden Generationen. Daher ist es notwendig, dass die Menschen, die von ihrer inneren Verfassung und Entwicklung her dazu in der Lage sind, sich der menschlichen Schattenseiten annehmen, sie erlösen, wieder fühlen, wandeln und integrieren. Je mehr ein Mensch in sich aufgeräumt und im Frieden ist mit alten Verletzungen, umso mehr kommt er in eine immer größere Liebe in sich selbst. Das ist wie das Scheinen der Sonne, die einfach immer scheint, egal ob Wolken davor sind oder nicht. Bedingungslose Liebe ist wie die Sonne.

Je mehr ich bereit bin, mit meiner Liebe bewusst in den dunklen Keller zu schauen und zu sagen: „Ok, ich räume da unten auf und heile die seelischen Verletzungen; ich bin nicht mehr bereit, weiterhin zu verdrängen; ich mache mir die Schattenseiten bewusst“, umso mehr nähere ich mich einem Zustand, wo ich tief demütig sowohl auf das Dunkle schaue als auch auf das Licht. Ohne Demut werde ich den göttlichen Ebenen in verschiedenen Tiefen nicht gegenübertreten können. Demut stellt sich ein, je mehr ich innerlich aufgeräumt bin; ebenso stellen sich bedingungslose Liebe, Demut, Weisheit, Klarheit, Mitgefühl wieder ein. Das kann ich nicht “machen”, um diese Werte zu bekommen, sondern die höheren Qualitäten des Mensch-Seins sind ein Ergebnis tiefer Heilung von Körper, Geist und Seele. Anders gesagt: die bedingungslose Liebe hat wieder eine Chance, sich durch uns Menschen auszudrücken. Die höheren Dimensionen sind ja immer da, aber da wir mit den konditionierten Inhalten so beschäftigt sind, können wir sie bzw. sie sich durch uns kaum ausdrücken. Wenn wir die Konditionierungen also auflösen und die persönlichen und kollektiven Traumata heilen, dann können die Weisheitsschichten, die Demut, diese bedingungslose Liebe, dieser Frieden, die innere Freiheit – also all das, was der Mensch ist, die Natur des Menschen – wieder schimmern, leuchten, sich umsetzen und in die Welt ergießen. Wenn viele Menschen so handeln würden, hätten wir in kurzer Zeit eine andere Welt.

Klimawandel und Frieden in der Welt beginnen mit dem Klimawandel und Frieden im eigenen Herzen: Ein gesundes Klima und Frieden mit allen Mitgliedern aus der Herkunfts- und Gegenwartsfamilie sowie allen anderen sozialen Beziehungen; ebenso Frieden mit der Natur, mit den Tieren. Frieden ist ein Bewusstseinszustand, der im Herzen fühlbar ist. Das Ergebnis: Klimawandel in der Atmosphäre und auf der Erde.

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Saskia John

Über die Autorin:

Saskia John wurde in der ehemaligen DDR geboren und studierte dort Veterinärmedizin. Nach der Wende absolvierte sie eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. Seit 1994 arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis. Sie unterstützt Menschen auf ihrem persönlichen Weg zu Heilung und spirituellem Wachstum.
Dabei greift sie auf langjährige Erfahrung in der Trauma Heilung, Inneren-Kind-Arbeit und in der Begleitung von Dunkelretreat-Prozessen zurück. Ihre Arbeit ist geprägt von Reisen nach China und Japan, die sie mit fernöstlichen Heilmethoden in Berührung kommen lassen.
Das Dunkelretreat ist ihr Herzens- und Forschungsprojekt. Sie selbst verbrachte insgesamt 62 Tage in absoluter Dunkelheit. „26 Tage Dunkelheit – Ein Bewusstseins-Experiment“ ist ihr zweites Buch.

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