Entstehung von Schamgefühlen

rote Holzfigur in der Mitte, umgeben von vielen starrenden Echtholzfiguren,

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Entstehung von Schamgefühlen

Die Entstehung von Schamgefühlen ist komplex. Immer wieder gibt es Momente im Leben, in denen Erwachsene eine tiefe Scham fühlen, die nicht zur gegenwärtigen Situation passt. Wo sie sich wie ein Kind am liebsten in einem Mauseloch verkriechen und unsichtbar sein möchten. Wie ist das möglich?

Wenn ein Gefühl oder die Intensität des Gefühls nicht zum gegenwärtigen Augenblick passt, dann gehört es zu einer Erfahrung aus der eigenen Vergangenheit, die so überwältigend und überfordernd war, dass es in den Keller des Unterbewusstseins verdrängt wurde. Tür richtig zu, und fertig. Nie wieder fühlen!

 

Trigger von Schamgefühlen

Die gegenwärtige Situation triggert das verdrängte Gefühl aus der Vergangenheit durch Resonanz an, z. B. durch den Blick, die Lautstärke und der Klang der Stimme, eine Geste oder eine bestimmte Körperhaltung. Es gibt unzählige solcher Trigger, die nicht mal besonders dramatisch erscheinen brauchen. Und doch schaffen sie es, dass die Kellertür zu den verdrängten Gefühlen aufspringt und die Person wieder so fühlen lässt, wie in der früheren Ursprungssituation.

 

Ursachen / Entstehung von Schamgefühlen

Wer dem Schamgefühl auf den Grund folgt, landet fast immer in der frühen Kindheit in verschiedenen Situationen, wo Erwachsene dem Kind das Gefühl gaben, an irgendetwas schuld zu sein – zumindest nach dem Urteil des/der Erwachsenen. Schuld an einer Situation oder Schuld ihren Gefühlen, beispielsweise wenn gesagt wurde: „Immer wieder muss ich mich über dich ärgern!“ Oder: „Du bringst mich noch ins Grab!“ Oder: „Wegen Dir komme ich wieder zu spät!“ usw. Dem Kind wurde also etwas vorgeworfen, mit der entsprechend harten Frustenergie in seine Richtung.

Was bedeuten Vorwürfe einem anderen Menschen – und vor allem Kindern – gegenüber? Das bedeutet, dass der Erwachsene, in dem er andere für schuldig erklärt, sich nicht mit seiner eigenen Gefühlswelt auseinanderzusetzen braucht. Wer anderen Schuld zuschiebt, ist mit dem inneren Fokus bei der anderen Person und lenkt sich dadurch von eigenen Gefühlen und Problemen ab. Er übernimmt für seine Gefühle und sein Handeln keine Verantwortung und sieht auch keinen Grund, sich zu ändern, da das Problem ja beim anderen liegt.

Ein kleines Kind geht berechtigterweise davon aus, dass das, was Erwachsene sagen, stimmt. Daher wird es alters- und entwicklungsbedingt solch eine verbale und/oder auch schweigsame energetische Schuldzuweisung nur auf sich persönlich beziehen können, da es rational noch nicht erkennen kann, dass der Erwachsene aus Gründen, die in seiner eigenen unverarbeiteten Vergangenheit liegen, gerade überfordert ist und deshalb so unwirsch reagiert.

 

Kindliche Interpretation führt zur Entstehung von Schamgefühlen

Ein Kind, dass sich mit einer schuld zuweisenden Energie hart angesprochen fühlt, wird sich bestraft fühlen, ohne zu wissen, wofür. Es entsteht in ihm ein Schuldgefühl und kindliche Schlussfolgerungen wie: „Ich bin nicht richtig, mit mir stimmt was nicht, ich bin falsch, ich habe einen Fehler gemacht und das ist falsch; was ich auch mache, es ist nie richtig“, usw. Aufgrund der Härte und fehlenden Liebe in solchen Vorwürfen entsteht im Kind Angst, z. B. Angst vor dem Urteil anderer oder die Angst, Fehler zu machen. Und es entsteht, da es die Vorwürfe auf sich persönlich bezieht, ein Schamgefühl, was wie einem Schuldeingeständnis gleichkommt. Sowas sitzt tief und klebt gefühlt wie Pech im Herzen des Kindes; es hat den Ball der Schuldzuweisung, den der Erwachsene ihm zugeschmissen hat, unbewusst angenommen.

Normalerweise würde ein Erwachsener, wenn er sich wieder beruhigt hat, auf das Kind zugehen und den Sachverhalt richtigstellen, etwa indem er sagt: „Ich habe Dich vorhin echt ungerecht und lieblos behandelt, indem ich Dir die Schuld gegeben habe, als ich sagte, dass ich wegen dir zu spät komme. Das war nicht fair Dir gegenüber und tut mir sehr leid! Ich war überfordert und daran bist du in keinem Fall schuld!“ In der liebevollen Zuwendung wird das Kind aufatmen und erleichtert sein; das vom Erwachsenen induzierte Schuld- und Schamgefühl und die damit verbundenen inneren Spannungen werden sich wieder auflösen können.

 

Angemessenes Handeln der Erwachsenen

Stellt der Erwachsene die Situation jedoch nicht richtig, sondern schiebt das Ganze beiseite und tut so, als wäre nichts geschehen, dann wird das Kind bei der eigenen Schlussfolgerung bleiben. Die Glaubenssätze „Ich bin nicht richtig, mit mir stimmt was nicht, ich bin falsch!“ usw. und die damit verbundenen Schuld- und Schamgefühle lösen sich nicht wieder auf, sondern werden verdrängt und weiter mit sich in einem unbewussten Rucksack herumgetragen. Je öfter solche Vorwürfe und Schuldzuweisungen in der Kindheit stattgefunden haben, umso tiefer wird das Kind die Glaubenssätze verinnerlichen und damit durch das Leben gehen, mit all den Konsequenzen, die das hat.

Wenn es selbst erwachsen ist, werden die verdrängten Gefühle getriggert werden, also in anderen Situationen wieder auftauchen – spätestens in einer Paarbeziehung oder wenn es eigene Kinder bekommt.

Da das ganze Thema sehr komplex ist, sind meine Ausführungen nur eine kleine Anregung zu dieser oft auftretenden Dynamik in Beziehungen.

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Saskia John

Über die Autorin:

Saskia John wurde in der ehemaligen DDR geboren und studierte dort Veterinärmedizin. Nach der Wende absolvierte sie eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. Seit 1994 arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis. Sie unterstützt Menschen auf ihrem persönlichen Weg zu Heilung und spirituellem Wachstum.
Dabei greift sie auf langjährige Erfahrung in der Trauma Heilung, Inneren-Kind-Arbeit und in der Begleitung von Dunkelretreat-Prozessen zurück. Ihre Arbeit ist geprägt von Reisen nach China und Japan, die sie mit fernöstlichen Heilmethoden in Berührung kommen lassen.
Das Dunkelretreat ist ihr Herzens- und Forschungsprojekt. Sie selbst verbrachte insgesamt 62 Tage in absoluter Dunkelheit. „26 Tage Dunkelheit – Ein Bewusstseins-Experiment“ ist ihr zweites Buch.

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