Reisebericht nach Indien zur Maha Kumbha Mela 2013

Brücke über den Ganges Maha Kumbha Mela

Inhalt

Allahabad, 07. – 26.02.2013

Es zog mich nach Indien, um hochverwirklichte Yogis und Sadhus (heilige indische Mönche) zu sehen. Ich wollte deren Energie fühlen und schauen, was dran ist an all den Berichten über ihre inneren Fähigkeiten, wollte mich tragen lassen von der dortigen Energie und tiefer eintauchen in das Mysteriums des Seins, das zu erforschen sich Yogis zu ihrer Lebensaufgabe gemacht haben.

Die Maha Kumbha Mela, alle 12 Jahre stattfindend und das größte Hindu-Fest der Welt, war eine gute Gelegenheit dazu, da anlässlich des Festes auch die sonst sehr zurückgezogen und abseits der normalen Zivilisation lebenden Sadhus ihre Einsiedeleien ausnahmsweise verlassen, um am heiligen Ort das rituelle Bad im Fluss zu nehmen und um sich mit anderen Sadhus über ihr Wissen auszutauschen. Auch hoffte ich auf Fragen (z. B., wieso viele Yogis trotz harter Lebensbedingungen oftmals weit über 100 Jahre alt werden und dabei auch noch bis ins hohe Alter fit und gesund bleiben?), die ich mir seit Jahren stelle, vielleicht eine tiefere Antwort zu finden. Um es vorweg zu nehmen: Es war eine sehr eindrucksvolle Reise, voller Herausforderungen und Überraschungen und ich kehrte mit vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen im Gepäck zurück, wenn auch die Zeit, um meine Fragen tiefer beleuchten zu können, viel zu kurz war.

Mythologie, Tradition und Praxis:

Der Name Kumbh Mela, „auch ’Fest des Kruges’ genannt, hat seinen Ursprung in der Legende vom ’Quirlen des Milchozeans’. Der Milchozean wurde von Devas (Götter) und Asuras (Dämonen) am Anfang der Zeit mit Hilfe der Schlange Vasuki als Seil und dem Götterberg Meru gequirlt, um den Nektar der Unsterblichkeit herauszufiltern. Dieser wurde von Dhanvantari in einem runden Krug aus dem Milchozean getragen. In dem entbrennenden Streit zwischen Göttern und Dämonen fielen vier Tropfen des Unsterblichkeitsnektars (Amrita) aus dem Krug auf die Erde. An den vier Stellen sind heute die Orte Allahabad, Haridwar, Ujjain und Nashik, an denen jeweils die Kumbh Mela stattfindet. Immer wenn die Gestirne Jupiter, Sonne und Mond in bestimmten Aspekten präzise zueinander stehen, manifestiert sich im Glauben der Menschen Amrit in den Wassern des Ganges an den jeweiligen Stellen des Flusses und die Pilger nehmen dann ein Bad in Unsterblichkeit. Generell gilt, dass das Bad an sogenannten Tirthas von Sünden befreit. Das Baden an diesen astrologisch günstigen Tagen gilt um ein Millionenfaches mehr sündenbefreiend. Vier Städte beteiligen sich im Rotationssystem an der Ausrichtung […] und sie finden in einem Drei-, Sechs-, Zwölf- bzw. 144-Jahres-Rhythmus statt.“

Die Maha Kumbh Mela (Große Kumbh) symbolisiert das beständige Streben der Menschheit nach Wissen und Erkenntnis. Manche ’Wissende’ leben so zurückgezogen, dass man sie nur alle zwölf Jahre während der großen Kumbha Mela sieht. Der eigentliche Zweck der Mela liegt in der rituellen Waschung an einem besonders heiligen Ort zu einer besonders günstigen Zeit. Zu diesen Waschungen finden an den jeweiligen Hauptbadetagen sogenannte ’Königliche Prozessionen’ (Shahi Snan) der Sadhus statt.“ Sie badeten in Allahabad „am Zusammenfluss von Ganges und Yamuna, dem sogenannten Triveni Sangham (Triveni = wo sich drei Flüsse treffen; zu Ganges und Yamuna trifft der unterirdische mythologische Fluss Sarasvati).

Die Versammlung von Sadhus […] gilt neben den Waschungen als Hauptattraktion der Kumbh Mela. Für viele der hinduistischen Orden ist die Kumbha Mela zudem der Ort für Einweihungen und Aufnahme von Schülern in ihre Gemeinschaft. Traditionell sind die ersten Waschungen den Naga Babas (mit nichts als einem Lendenschurz und heiliger Asche bekleideten Sadhus) vorbehalten. […] Die Naga Babas sind traditionell Kriegermönche, die zur Verteidigung des Glaubens, unter anderem gegenüber dem Islam, halfen.“ (Quelle: Wikipedia)

Reiseeindrücke:

Bereits auf dem anderthalbstündigen Flug von Delhi nach Allahabad (im Norden Indiens am Ganges liegend), fühlte ich mich in ein anderes Jahrhundert versetzt. Eine kleine Propellermaschine, deren äußeres und inneres Aussehen deutlich verriet, dass sie bereits einige Jahre auf dem Buckel hatte, brachte mich an mein Reiseziel. Ich fing an zu beten, doch meine Sorge verlor sich schnell, als das kleine Flugzeug mit energischer Kraft und Stärke vom Boden abhob und in der Luft wie ein Vogel dahinschwebte.

08.02.2013: 

Gute 30 Stunden nach dem Verlassen meiner Haustür in Deutschland lande ich pünktlich in Allahabad und stehe vor der ersten Herausforderung: niemand da, der mich wie vereinbart abholte. Ich sah mich suchend um und innerhalb von wenigen Minuten war ich von einer Traube hindi- und nur wenige Brocken englischsprechender Inder umringt, die mir ihre Hilfe anboten. Per Handy, das mir jemand freundlicherweise zur Verfügung stellte, konnte das Rätsel schnell gelöst werden: der Fahrer stand im Stau und war bereits auf dem Weg zum Flughafen. Nach halbstündiger Wartezeit in wohlwollend strahlender Sonne kam das Auto und es ging in Richtung Kumbh-Camp weiter.
Während der Fahrt verstand ich schnell, welche Herausforderung der Fahrer zu meistern hatte, um überhaupt vorwärts zu kommen. Es war proppevoll auf teils holprigen und löchrigen Straßen und staubigen Wegen: Autos, Mopeds, Kühe, Pilger, Einheimische, Hunde, Schweine, Fahrräder, Motor- und Fahrradrikschas. Die Fahrt erinnerte mich an meinen Aufenthalt in China und ich staunte erneut, wie die Fahrer es in diesem Getümmel schaffen, ohne Berührung aneinander vorbeizukommen. Mehr als einmal hielt ich mir die Augen zu, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass die Fahrer noch rechtzeitig ausweichen können. Doch wie ein Wunder löste sich im letzten Moment der Knoten, bestehend aus aus verschiedenen Richtungen kommenden Autos, Rikschas, Kühen und Fußgängern auf, und alle bewegten sich im Millimeter Abstand aneinander vorbei. Glanzleistung! Sogar die Tiere spielten in diesem Verwirrspiel mit. Sie schienen zu wissen, wann sie besser stehenbleiben oder weiterlaufen mussten, um wohin auch immer sie wollten hinzukommen. Sie bewegten sich wie Menschen auf der Straße und wurden genau wie diese im Straßenverkehr von den Fahrern berücksichtigt. Das Instrument, um sich auf der Straße durchzusetzen oder auch einfach nur das eigene Kommen anzukündigen, war die Hupe. Jeder hupte so laut und lange er konnte, selbst in Momenten, wo der Verkehr völlig zum erliegen kam und es aus meiner Sicht wenig Sinn machte. Ein lärmender Krach, stellenweise mit trommelnd-flötender Musik, die aus den Läden am Straßenrand dringt, gemischt und verstärkt.
Das Kumbh-Camp liegt nur wenige Minuten zu Fuß von der Ganga-Ma, wie der heilige Ganges lievevoll von den Pilgern genannt wird, entfernt. Um den turbulenten Trubel des Festes, der auch nachts nur wenig abebbt, zu verarbeiten, sitze ich in den ersten Tagen nach meiner Ankunft oft meditierend an seinem Ufer. Obwohl meine Ohren ziemlich mit den unzähligen Geräuschen zu tun haben, ist es am Fluss noch recht ruhig. Zwei Tage später ist diese Brücke bis zum Rand mit Pilgern gefüllt. An den Hauptbadetagen sind die Brücken für Fahrzeuge gesperrt.
Im Hintergrund die Kumbha Mela mit ihren unzähligen Zelten, Pilgern, Sadhus, Yogis und Attraktionen – ca. 2 km Fußmarsch über Pontonbrücken bis zum Kumbh-Gelände, das sich über ca. 40 km2 erstreckt.

09.02.2013: 

Ich verbrachte die erste Nacht mehr meditierend als schlafend, die flirrenden Hintergrundgeräusche und den tönenden Lautsprecher, der unentwegt Mantren und Musik wiedergab, durch mich hindurchfließend lassend. Am frühen Morgen brach ich zur Kumbh auf. Eine längere Meditation am Ganges weckte den Eindruck in mir, als sei ich in der Welt von vor 2000 Jahren gelandet.

Viele bunt und gänzlich andersartig gekleidete Menschen mit sehr ausdrucksvollen Gesichtern begegnen mir und wir bestaunen und fotografieren uns gegenseitig. Ich komme mir manchmal wie ein exotisches Exemplar vor, das von allen Seiten beäugt und untersucht wird. Die Gerüche und das bunte und lautstarke Treiben verstärken meinen Eindruck, als sei ich in der Märchenwelt von Tausend-und-einer-Nacht.

Ich fühle mich sicher im Pilger-Strom, der sich wie eine Ameisenstraße in Richtung anderes Flussufer bewegt und lasse mich tragen und weitertreiben von einem sich hoch-konzentriert anfühlenden Energiefeld. In mich hinein-lauschend, nehme ich den deutlichen Gegensatz von Stille und Trubel, der sich mir in der Meditation am Fluss abseits der Massen sehr eindrucksvoll gezeigt hatte, noch immer wahr. Die Energie fühlt sich kraftvoll, erdig und sehr ausgerichtet an. Wenn ich sie verorten wollte, spüre ich sie vor allem im ersten und zweiten Chakra so dicht, als wäre sie materiell greifbar.
Links und rechts auf den weiten Feldern hocken immer wieder vereinzelte Männer oder Frauen, die ganz unkompliziert und seelenruhig ihrem natürlichen Bedürfnis nach Entleerung nachkommen. Die lange Kleidung bietet guten Sichtschutz und gewährleistet eine gewisse Privatsphäre. Niemanden um mich herum scheint das zu interessieren. So einfach kann das sein …

Ich staunte, als ich die Polizeistation entdeckte und fragte mich, was vorgefallen sein mag, als ich die mit schnellen Schritten in Richtung Polizei eilenden Sadhus sah. rechts: Je näher ich dem Hauptsektor kam, umso voller wurde es.

Wenig später begegne ich diesem jungen Naga-Baba, der es sich in seinem Dornenbett in strahlender Sonne bei ca. 25°C „gemütlich“ gemacht hat. Bis zu 4 Stunden täglich liegt er auf den Dornen – eine ziemlich schwere Sadhana (spirituelle Praxis), wie ich finde. Die Dornen sind wirklich spitz und scharf … ich bin tief beeindruckt.

Ähnlich wie bei einem Dunkelretreat die Dunkelheit, dürften die Dornen in gewisser Weise sehr unterstützend sein, um Konzentrationsfähigkeit und Achtsamkeit zu entwickeln.

Am Nachmittag ist eine große Aufregung fühlbar, die zum Abend hin nahezu greifbar dicht wird. Mit großer Spannung wird dem morgigen Hauptbadetag entgegengesehen. Viele Leute aus Sektor 14, wo wir untergebracht sind, haben vor, bereits in der Nacht zu Sektor 4 zu gehen, um bei diesem Höhepunkt am frühen Morgen dabei sein zu können, da sie gehört haben, dass in der Nacht die Brücken aus Sicherheitsgründen gesperrt werden könnten. Meine Zimmermitbewohnerin und ich ent-schieden, nicht ins Getümmel zu gehen. Stattdessen haben wir nachts meditiert und brachen am frühen Morgen auf.

10.02.2013:

Hauptbadetag. Als ich morgens aufwache, ist ein deutlicher Unterschied zur Nacht und dem Abend zuvor zu spüren: die Energie hat sich entladen, die Spannung ist raus, die so deutlich in der Luft gelegen hat. Auf der Straße vor unseren Cottages zieht ein unendlich langer Menschenstrom vorbei, in den ich mich einreihe. Alle haben nur ein Ziel: die Badestellen, wo die Sadhus, Yogis und Babas seit dem frühen Morgen ihr rituelles Bad nehmen. Die vielen verschiedenen Baba-Gruppen haben festgelegte Zeiten, zu denen sie an bestimmten Stellen ins Wasser gehen. Erst wenn die Heiligen mit ihrem Bad fertig sind, werden die Badestellen für die „normalsterblichen“ Pilger freigegeben. Wer einmal in der Menge ist, kommt kaum mehr heraus und wird von der Menschenmasse immer weiter vorwärts geschoben. Diese Momente sind heikel und von der Polizei nicht immer kontrollierbar. Platzangst und Panik kann schnell aufkommen und Todesfälle waren in der Vergangenheit keine Seltenheit …

Die Ponton-Brücken tragen Autos, Traktoren und den millionenstarken Pilgerstrom an den Hauptbadetagen. Aus Sicherheitsgründen wurde an den Hauptbadetagen der Zugang zu den Brücken für Fahrzeuge gesperrt; Fußgänger durften jeweils nur in einer Richtung passieren.

Hauptbadetag – es ist knackevoll. Aufgrund des Unglücks am 10.3.13 am Bahnhof in Allahabad mit mehreren Toten wurden die Sicherheitsvorschriften verschärft. Die Zufahrtsstraßen wurden an den folgenden Hauptbadetagen in den frühen Morgenstunden von und nach Allahabad gesperrt, ebenso die Brücken zu den Hauptbade-stellen. Wer also morgens mit dabei sein, den Babas beim Baden zusehen oder selbst ins Wasser wollte, musste nachts um 2 Uhr oder am Abend vorher loslaufen …

Nach europäischen Maßstäben ist der Ganges nicht wirklich sauber – die Füße sind im flachen Wasser kaum zu sehen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es aufgrund der vielen Leute auch aufgewühlt ist. Aber wenn ich ehrlich bin, hatte ich mir den Fluss vom Hören-Sagen her noch viel schmutziger vorgestellt. Doch in Indien interessiert es keinen – die heilige Ganga-Ma wird tief verehrt und niemand wird vom Bad im heiligen Wasser krank …

Als fremd aussehende Westler waren wir unter den Pilgern der Hingucker, wurden immer wieder angesprochen und manchmal auch mit Geschenken bedacht – einfach so. Oft kamen auch Kinder, um uns mit strahlenden Augen zu überzeugen, ihnen etwas abzukaufen.

Dem Fluss wird vieles hingebungsvoll betend anvertraut – kleine Schiffchen mit Blüten, Kerzen, Steinchen, Briefe, ein Lied oder, wie in der Stadt Varanasi, auch Tote. Jede Familie hat ihr eigenes Ritual, das vor dem Bad zelebriert wird. Die Stimmung empfand ich fröhlich und heilig. Am Fluss wird auch geraucht, Wäsche gewaschen, meditiert oder verkauft …

Während unserer Anwesenheit kommen immer mehr Gurus, die sich zu uns dazusetzen. Darunter auch eine heilige Frau, die eher selten zu sehen sind. Die Männer rauchen Zigaretten und Chillum Chalice, eine indische Pfeife …

Die Frau ist 60 Jahre alt und praktiziert seit ihrer Kindheit. Sie beeindruckt uns durch die Materialisation von Kumkum, ein heiliges Pulver von kräftig roter Farbe, das aus der Gelbwurz-Wurzel hergestellt und bei verschiedenen Ritualen benutzt und auf die Stirn aufgetragen wird. Es repräsentiert die feurige und schöpferische Kraft der Göttin.

11.02.2013:

So gelenkig, wie die Yogis alle sind und bedacht darauf, weltlichen Dingen nicht anzuhängen, scheinen sie vom Rauchen regelrecht in den Bann gezogen zu sein.

Die Naga-Babas waren sowohl für Inder als auch für uns Westler ein großer Anziehungspunkt. Junge Naga-Babas sind mit einem Lendenschurz bekleidet, während die weiter Fortgeschrittenen Sommer wie Winter vollkommen nackt sind. Soweit ich es verstanden habe, bedeute dies, die sexuelle Energie in sich transformiert und keinen sexuellen Trieb mehr zu haben.

Obwohl sie als unberechenbar bekannt sind, erlebte ich alle mir begegnenden Naga-Babas als freundlich. Ein Naga Baba zeigte uns, wie wenig schmerzempfindlich er ist: er rollte seinen Penis auf einen dünnen Stock, steckte diesen dann zwischen seinen Beinen hindurch nach hinten und ließ dann eine Person auf dem Stock stehen, den Stock jedoch mit seinen Händen festhaltend.

Bei all den vielen schwierigen Übungen der Yogis, die immer auch eine große Herausforderung für den Körper sind, beeindruckte mich immer wieder, mit welcher Konsequenz und inneren Ausgerichtetheit auf die Götter die Yogis ihre Übungen durchziehen, auch wenn der Körper weh tut mag. Sie gehen durch den körperlichen Schmerz durch, ohne sich von ihrer Übung abbringen zu lassen – viele Stunden am Tag, viele Jahre oder Jahrzehnte ihres Lebens.

12.02.2013:

Besuch im Zelt bei Sri Sri Lakkar Baba Abodut und seinen beiden engsten Schülern (72 und 42 Jahre alt), die mich allein durch ihr Aussehen und ihre Ausstrahlung tief beeindruckten. Leider konnten wir uns mit ihnen nicht unterhalten, da sie nur Hindi und andere Leute, die mit bei ihm vor Ort waren, nur wenig Englisch sprachen. Uns wurden unterschiedliche Angaben über sein Alter gemacht – die einen sprachen von 120, andere von 102 Jahren. Aber ob nun 120 oder 102, er sah keinesfalls über 100 aus – seine Haut war glatt wie bei einem Mann mittleren Alters und seine Bewegungen beim Laufen flink und fließend. Wir erfuhren, dass er über 40 Jahre im Wald zusammen mit wilden Tiefen gelebt habe und dass diese Zeit für ihn schwer und sowohl körperlich als auch emotional sehr schmerzhaft gewesen sei. Er schlafe nur noch 2 – 3 Stunden pro Nacht, brauche kein Essen mehr und würde auch nur wenig zu trinken brauchen. Ihm werden viele Kräfte zugesagt und bei Ritualen arbeitet er auch mit echten Totenschädeln.

Uns zuliebe öffnete der 72jährige Schüler seine ca. 2 m langen Haare, die er sonst auf dem Kopf zusammengebunden trägt.

Sri Sri Lakkar Baba Abodut (links im Bild) legte seine Tigerfell-Hose und seine Schlangenhaut-Weste an und wir fanden, dass er darin Klasse aussah. Er bewirtete uns mit dem besten Tee, den ich je getrunken habe!

Als Abodut (oder auch Avadhut) wird ein Erleuchteter auf der höchsten Stufe genannt, der die eigene Person transformiert und sich jenseits der Gedanken, Gefühle, des Körperbewusst-seins und der 5 Elemente befindet. Sein Handeln kann so ungewöhnlich auf „normale“ Menschen wirken, dass diese glauben könnten, der Avadhut sei „verrückt“. Einem solchen Menschen wird zugeschrieben, die Schöpfung beeinflus-sen zu können.

Mich erinnerte er sofort an den Schamanen Don Juan in Castanedas Büchern.

Die Organisatorin der Reise fragte Lakkar Baba immer wieder genau danach, welchem Stamm er zuzuordnen sei – den Naga-Babas oder den Agoris, die auch mit schwarzer Magie arbeiten und mit denen sie verständlicherweise nichts zu tun haben wollte. Er beruhigte sie lächelnd, dass er früher ein Naga-Baba gewesen sei und nicht zu den Agoris gehört.

13.02.2013 

Wir besuchten erneut das Camp der Naga-Babas und ich traf auf Sri Mehant Sri Godavari Giri Ji Maharai, ein über 100 Jahre alter Baba, der eine starke Energie ausstrahlte.

Obwohl er krank und körperlich sichtlich schwach war, segnete er die Pilger, die in sein Zelt kamen und sich Blessings abholen wollten. Neben ihm, am Boden sitzend, ein enger Schüler von ihm, der den Baba liebevoll umsorgte.

Ich verbrachte viel Zeit meditierend in seinem Zelt und badete in seinem Energiefeld. Nach der Meditation fühlte ich mich wie betrunken und war einfach nur glücklich, das gerade erleben zu können. Es war deutlich spürbar, dass die Krankheit seinem starken Energiefeld nichts anhaben konnte. Er strahlte einfach von innen heraus, ganz unabhängig davon, wie es seinem Körper ging. Das hat mich sehr sehr tief beeindruckt und mich bewogen, im Zelt sitzen zu bleiben statt zu gehen, um ihm Ruhe und Erholung zu gönnen.

Von einer neben mir meditierenden Frau erfuhr ich in einem späteren Gespräch, dass sein genaues Alter nicht bekannt ist, er in Rishikesh lebt und im Alter von 7 Jahren zu seinem Guru kam; er im Jahr 1930 seine Initiation erhielt und von der indischen Regierung bereits zu Lebzeiten als heilig anerkannt ist. Meine Frage an meine Informantin, ob es nicht besser wäre, wenn er für sich allein wäre, um sich auszukurieren, wurde verneint. Es gäbe ihm Kraft, Blessings geben zu können, was mein eigenes Gefühl, seine Energie betreffend, bestätigte.

Ein Naga-Baba lud uns zu einem leckeren Tee und Essen ein und feilschte am Ende mit uns um die Höhe der Spende.

Den meisten Babas war meinem Empfinden nach die Höhe der Spende, die die Menschen ihnen für das Blessing (Spende) als Zeichen der Dankbarkeit gaben, wirklich egal. Sie schauten nicht mal hin.

Auch wenn ich die bunte und ungewöhnliche Zeit in Indien sehr genossen habe, hat es mich immer wieder sehr betroffen gemacht, wenn ich auf der Kumbh halbverstümmelte Lepra-Kranke sah – mitten im Gewühl, z. B. zwischen den Rikschas im Hintergrund auf dem unteren Foto. Wie Ausgestoßene lagen sie teils mit verbundenen Augen an den Wegrändern, von den vorbeiziehenden Menschenmassen kaum beachtet. Nur ab und an warf eine mitfühlende Seele ein paar Rupies zu ihnen hin. Die meisten Menschen gingen vorbei und schauten weg, wenn ihr Blick auf die Verstümmelten fiel. Ich konnte die Reaktion gut verstehen: das Leid der anderen berührt das Leid in uns und es tat verdammt weh, sie so zu sehen, bis hin zur Übelkeit. Es braucht ein großes Herz und Mitgefühl, um hinzuschauen. Unsere Gruppe kaufte einer im Rollstuhl sitzenden kranken Frau eine wärmende Decke (nachts wird es empfindlich kalt) – ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Überraschung stand ihr im Gesicht geschrieben. In solchen Momenten hinterfragte ich den Luxus, den ich im reichen Deutschland genießen darf und viele Situationen tauchten in meiner Erinnerung auf, worüber Deutsche jammern. Es machte mich traurig, im Grunde nichts tun zu können, um die Situation dauerhaft für all diese Menschen (weltweit sind es wirklich viele, die täglich! ums Überleben kämpfen) wandeln zu können. Es ist ein Symptom der vorherrschenden Gesellschaftssysteme und diese müssten sich ändern, damit sich die Lage der Betroffenen verbessern kann. Ich nahm die Menschen in mein Herz, ließ mich ihren Seelenschmerz fühlen und umgab sie mit einem heilenden Strahl von Licht und Liebe – zumindest energetisch kann viel getan werden.

Wir trafen auf Standing-Babas, die als Sadhana (spirituelle Praxis) etwas sehr schwieriges gewählt haben: 12 Jahre lang sich nicht mehr hinsetzen oder hinlegen, auch nicht zum Schlafen. Ich konnte mir das kaum vorstellen, aber die Babas meinten, dass das ginge. Der Standing-Baba in der Mitte des Bildes lachte uns mit strahlenden Augen an, als er unsere erstaunten Gesichter sah.

Standing-Babas sind an der Schaukel zu erkennen, die sie zum draufstützen benutzen; so bekommen die Füße wenigstens etwas Entlastung.

Trotz der geschwollenen und zum Teil offenen Beine, die auf dem Foto deutlich zu sehen sind, führt der 28 Jahre alte Baba seine Übung unbeirrt fort. Wir erfuhren von ihm, dass er bereits seit 2 Jahren stand … nun denn, „nur“ noch 10 Jahre stehen! Ich bin abermals beeindruckt von der klaren Ausrichtung, mit der die Babas ihre ungewöhnlichen und sehr schwierigen Übungen ziel-gerichtet ausführen.

Die Leute im Hintergrund scheinen ihn zu unterstützen; ein Mann massierte die ganze Zeit seine Füße und Unterschenkel. Wenn sich die eigenen Schuhe von denen der anderen in Aussehen und Qualität stark unterschieden, konnte es passieren, dass man am Ende ohne Schuhe nach Hause ging. Mit abgetragenen Latschen war die Sicherheit am größten, sie hinterher noch vorzufinden.

14.02.2013: 

Unsere Gruppe erhielt von Sri Sri Lakkar Baba Abodut die Einladung zu einer Feuerpuja (heilige Feuerzeremonie), die am Abend stattfand. Im Foto unten bereiten die beiden Schüler von Lakkar Baba die Puja vor. Ein ganzer Sack voll Chilli und viele weitere Gewürze und Gaben wurden, von Hindi-Worten begleitet, handvoll für handvoll ins lodernde Feuer gegeben. Die Gewürze veränderten die Farbe des Feuers und die ganze Zeremonie bekam etwas Magisches. Über eine Stunde dauerte die Puja, die sich sehr kraftvoll anfühlte.

Lakkar Baba erzählte uns beim nächsten Besuch, dass das Feuer trotz nächtlichen starken Regens bis in den frühen Morgen hinein gebrannt habe. Ein Teil in mir wollte das nicht wirklich glauben, denn in der Nacht hatte es wie aus Bade-wannen gegossen – aus der Sicht meines zweifelnden und kritischen Verstandes unmöglich, dass das Feuer dennoch weitergebrannt haben soll.

15.02.2013: 

Ein weiterer Hauptbadetag. Ich spüre einen deutlichen Unterschied zum 10.02. – es fehlt die prickelnde und aufgeregte Energie, die das besondere Ereignis ankündigte. Die Gruppe ist in der Nacht um 01:30 Uhr losgelaufen, um noch vor der Brückensperrung auf die andere Seite des Ganges zum Kumbh-Gelände zu gelangen. Sie wollten im Zelt von Vidya Das übernachten, um morgens, wenn die Naga-Babas und andere Heilige ins Wasser gingen, dabei sein zu können. Ich fühlte mich nicht wohl, hatte starke Kopfschmerzen und entschied, nicht mitzugehen, sondern zu schlafen. Am Morgen ging es mir besser und ich brach gegen 8 Uhr in Richtung Kumbh auf; ich wollte mich von der Energie leiten lassen und schauen, wohin es mich führt. Maha Kumbha Mela – Hauptbadetag, Prozession

Je näher ich Sektor 4, dem Quartier der Naga-Babas, kam, umso voller wurde es.

Sektor 4 war über fünf Brücken zu erreichen. Ich hatte Bridge Nr. 5 für die Überquerung des Flusses gewählt, doch diese war gerade aufgrund einer Prozession gesperrt, sodass ich nach links nicht weiterkam. Ich lief zurück und nahm den Weg über Bridge Nr. 4.

Es zog mich zu dem über 100 Jahre alten Baba mit der starken Energie. Er sah noch schwächer aus als 2 Tage zuvor, dennoch ging ein strahlendes Licht von ihm aus. Ich setzte mich zur Meditation und sank tief … in ein Feld der Ruhe und des Friedens, fühlte mich eingehüllt in wohlige Wärme und von Liebe durchdrungen. 3 Stunden meditierte ich in seinem Feld.

Gegen Mittag machte ich mich auf den Heimweg. Dunkle Regenwolken bedeckten den Himmel und aus der Ferne klang das grollende Lied des Donners zu mir herüber. Kaum in meinem Cottage angekommen, begann es in Strömen zu regnen. Ich fühlte mich körperlich merkwürdig schwach und legte mich in mein Bett. In den nächsten 2 Tagen war ich krank, hatte Fieber, die rechte Kopfseite schmerzte wie eine offene Wunde und innerhalb von 2 Tagen zog der ganze Prozess vom Kopf in die Lunge, wo sich ein Husten entwickelte. Wenn ich nicht schlief, meditierte ich mich gesund. Nach 2 Tagen kam die Kraft zurück und die Sonne.

48 Stunden lang regnete es wie aus Badewannen. Durch den Schlamm am besten barfuß und langsam laufen …

16.02.13: 

Der Regen war so stark, dass auch der Schutzwall aus Schlamm nicht verhindern konnte, dass Wasser in unser Cottage lief. Der Teppich war nass und dünstete einen merkwürdigen Geruch aus, sodass wir uns um ein neues Zimmer mit einem trockenem Teppich bemühten, was nach dem Regen nicht so einfach zu finden war. Viele der Cottages standen unter Wasser.

Nach dem Regen wurden die roten Teppiche aus den Zimmern geholt und auf der Straße in der kraftvoll strahlenden Sonne getrocknet.

Autos, Fußgänger, Mopeds, Kühe, Elefanten … alles fuhr, lief und trampelte über die Teppiche hinweg, niemanden kümmerte es, auch die Teppichbesitzer nicht.

Waren die Teppiche trocken, wurden sie abgestaubt und wieder in die Cottages gepackt. Ich war ziemlich erstaunt über diesen Gleichmut, auch wenn es keine hochwertigen Teppiche waren. In Deutschland hätte ein nasser Teppich auf der Straße wohl für ziemliche Aufregung gesorgt, ganz abgesehen davon, dass niemand ihn zum Trocknen dorthin legen würde: er könnte ja schmutzig werden.

Ein bisschen brauchte ich, um mich an den Anblick der Teppiche auf der Straße zu gewöhnen und von meiner Wertung „Ein Teppich gehört doch nicht auf eine dreckige Straße!“ wegzukommen. Hauptsache war doch, dass sie schnell trockneten. Zwei Tage später war es soweit – wir konnten umziehen und genossen die vollkommen andere Energie im neuen Zimmer. Heller und leichter kam es uns vor, obwohl rein äußerlich nichts wirklich anders war. Welche Freude, welcher Luxus!!!

17.02.13: 

Unsere Gruppe zieht es zu Lakkar Baba und so statten wir ihm am Nachmittag erneut einen Besuch ab.

Lakkar Baba ist über unseren Besuch sichtlich erfreut. Er bewirtet uns wieder mit dem weltweit superleckersten Tee, auf den wir uns schon gefreut haben. Über einen Übersetzer versuchen wir, Fragen zu stellen, was sich als ziemlich schwierig erweist, da dieser die Fragen oft selbst beantwortet, statt sie Lakkar Baba zu übersetzen. Es ist eine Scheu bei ihm zu spüren, manche unserer Fragen an Lakkar Baba weiterzugeben.

Als wir auf das Tigerfell und die Schlangenhaut-Weste zu sprechen kommen, holt Lakkar Baba beides und wirft es uns zu, damit wir uns das genau anschauen können. Das kam völlig überraschend für uns, dachten wir doch, dass derlei Ritualgegenstände der Energie wegen nicht aus der Hand gegeben werden.

Er hat etwas geheimnisvolles an sich und ich spüre den Wunsch in mir, von ihm zu lernen. Für mich ist er ein Schamane, „wie er im Buche steht“. Ich bedauere, kein Hindi zu können und lasse den Impuls fallen, mich ihm anzuschließen.

Ein Gefühl von unheimlich taucht in mir auf, als mir seine Aussage vom 12.2. wieder einfällt, dass er sich früher die Zungenspitze abschnitt, um zu zeigen, wie schmerz-unempfindlich und wie sehr er auf Gott ausgerichtet sei. Danach brauchte er einige Jahre, um wieder sprechen zu lernen. Er zeigte uns seine amputierte Zungenspitze und ein Foto von sich, worauf der Moment festgehalten war. Diese Hingabe an Gott hinterließ einen tiefen Eindruck in mir und ich spürte in mich hinein, wieviel Bereitschaft wohl in mir vorhanden ist, ein Körperteil Gott zu opfern.

18.02.13: 

Wir haben uns ein kleines Boot gemietet und werden von den beiden Bootsführern auf dem Ganges nach Sangham gefahren, der Stelle, wo die drei Flüsse (Ganges, Yamuna und der unterirdische mytologische Fluss Sarasvati) zusammenfließen. An dieser Stelle sind die beiden Flüsse Ganges und Yamuna deutlich durch ihre Farbe zu unterscheiden – der Ganges sieht bräunlich aus, Yamuna mehr grünlich-bläulich. Ein zweifarbiger Fluss, das ist selten und ruft Erstaunen hervor. Hier wimmelt es von Booten, die die Pilger zu der beliebten Badestelle bringen, damit sie ihre Rituale zelebrieren können. Das Wasser ist nicht sehr tief, es reicht den Badenden bis zum Bauchnabel.

Wieder an Land, treffen wir auf diesen Sadhu, dessen Sadhana ist, seinen Dreizack für 12 Jahre nicht aus der Hand zu legen. Er macht auf uns einen urtümlichen Eindruck und freut sich über die Aufmerksamkeit, die er von uns bekommt.

Leider sprechen Sadhus, die im Allgmeinen nur wenig mit der „normalen“ Alltagswelt zu tun haben, in den wenigsten Fällen Englisch, sodass wir uns selten direkt verständigen können. Doch meistens ist unsere Gruppe, sobald wir anhalten, innerhalb weniger Sekunden von neugierigen und interessierten Indern umringt, unter denen sich immer jemand fand, der mehr oder weniger gut Englisch sprechen und in Hindi übersetzen konnte.

Nach dem Austausch einiger netter Worte zieht er weiter …

… und ebenso wir. Auf unserem Weg quer durch die Kumbh bekommen wir etwas sehr ungewöhnliches zu sehen: ich nenne sie „Kuhfladen-Feuer-Babas“.

Sie meditieren in der heißen Sonne mehrere Stunden, umgeben von brennenden oder glimmenden Kuhfladen, die zusätzliche Hitze und eine Menge Qualm erzeugen.

Anfänger haben „nur“ vier Kuhfladenhaufen um sich herum.

Je nach innerem Fortschritt wird die Anzahl der brennenden Kuhfladen mit der Zeit erhöht, bis der Kreis fast geschlossen ist. Hinter dem Feuer-Baba ist der Kreis offen. Viele Sadhus verhüllen sich das Gesicht, um weniger Qualm einzuatmen.

Die am höchsten Fortgeschrittenen setzen sich zur Krönung noch einen Tontopf mit glimmenden Kuhfladen auf den Kopf, sodass das Gehirn ziemlich heiß werden dürfte.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Feuer-Babas diese Art Meditation mitten in der prallen Sonne, die im Sommer die Temperaturen schnell auf über 40°C bringen kann, absolvieren, finde ich diese Übung ähnlich schwierig wie die der Standing-Babas.

Wir laufen weiter und kommen zum Camp des in Indien sehr bekannten Pilot-Babas, der in seinem Arbeitsleben Pilot war (daher auch der Name). Als wir das von Regen und Sturm verwüstete Lager sehen, sind wir ziemlich erschrocken. Pilot-Baba hat entschieden, abzureisen und so treffen wir im Lager auf geschäftiges Treiben der vielen Helfer und eine bedrückte Stimmung. Dennoch werden wir von seinen Schülerinnen gebeten, Platz zu nehmen und erhalten das typisch indische Gastgeschenk – Tee.

Nach einer Weile tritt Pilot-Baba zu uns heran und setzt sich auf den luxuriösen Sessel. Vieles, was wir hier sehen, zeugt von Reichtum und der Baba hebt sich durch den Luxus, den er offensichtlich genießt, in gewisser Weise von den uns bisher bekannt gewordenen Babas hervor.

Wir tauschen ein paar Informationen aus, nehmen auch das Angebot nach einem Mittagessen an und machen es wie die Inder, die uns gegenüber sitzen … mit der Hand essen. Es gibt Reis und Dal, der wie immer megascharf gewürzt ist, sodass ich fast nur den Reis esse.

Wie überall auf der Kumbh wird das Essen auf Tellern gereicht, die aus getrockneten und mit kleinen Holzstäbchen zusammengenähten Blättern bestehen.

Da wir das Gefühl haben, dass für Fragen und tiefere Gespräche jetzt nicht der rechte Zeitpunkt ist, verlassen wir Pilot-Baba nach dem Essen und treten den langen Heimweg zu unserem Camp an. Einige von uns nehmen eine Motor-Rikscha, da die Füße sehr müde sind.

19.02.13: 

Eine Gruppe von 30 Leuten, wir nennen sie Ramalinga Swamis, besucht uns in Sektor 14. Wir rezitieren gemeinsam Mantren und stellen ihrem Guru Fragen. Ich war überrascht, mit welch klarer Stimme und Hingabe sie das Lichtmantra Arut Perum Jothi singen. Alle in der Gruppe tragen weiße Kleidung wie Swami Ramalinga Vallalar, den sie verehren und der seinen Körper in einen Lichtkörper transformiert hatte.

Die Ramalinga Swamis sagen, dass vier Dinge das Leben verkürzen: Angst, Essen, Schlafen, Sex. Würden die vier Punkte im Leben weggelassen, führe dies zu Unsterblichkeit. Interessante Gedanken, finde ich, da allgemein bekannt ist, dass besonders alte Yogis wenig oder gar nicht mehr essen und schlafen.

20.02.13: 

Indische Hochzeit eines Paares aus unserer Gruppe. Alle Rituale sind original indisch, die Zeremonie findet im ca. 500 m entfernten Shiva-Tempel statt. Die Braut wird den ganzen Tag über hübsch an Händen und Füßen bemalt und festlich eingekleidet, ebenso der Bräutigam und der Elefant, der ihn zum Tempel bringt.

Wir Gäste schmücken uns auch heraus und ich erhalte von einer lieben Seele aus meiner Gruppe einen orangefarbenen indischen 5 m langen Sari, der von einer indischen Frau geschickt um mich herumgewickelt wird. Ich fühle mich einerseits wohl darin, andererseits auch etwas in meinen Bewegungen gehemmt, da ich vermeiden wollte, dass sich der Sari wieder abwickelt. Da der Sari zur normalen Kleidung einer indischen Frau gehört, frage ich mich, wie sie das Ankleiden wohl allein schaffen?

Kaum fertig angezogen, zieht es mich zum Elefanten, der ebenso wie die Kuh in Indien heilig ist und mich mit seinem Wesen tief beeindruckt. Die Haut ist ganz weich und zart, er strahlt eine Elefanten-Ruhe aus.

Mit dem Rüssel sammelt der Elefant Münzen und Geldscheine von den Zuschauern ein und liefert das Geld bei seinem Mahut ab. Beeindruckend, wie gut er zwischen Geld und Futter unterscheiden kann.

Nach langer Wartezeit kommt die Braut wunderschön geschmückt, bemalt und eingekleidet. Susanna, Anna und Bharati, die Organisatorin unserer Gruppe, begleiten sie zum Tempel, um ihr emotional beizustehen. Ein schöner Brauch, denke ich, mit Blick auf meine eigene Hochzeit Jahrzehnte zuvor.

Mit auf dem Foto eine indische Frau aus unserem Camp, die kurzerhand zur Braut-Mutter erklärt wird, damit die Zeremonie auch rechtens ist. Ihr Mann steigt zum Braut-Vater auf. Ohne Braut-Eltern geht eine indische Hochzeit nicht, erfahre ich später.

Die Braut ist am späten Nachmittag schon gut drei Stunden vor ihrem zukünftigen Mann im Tempel, er darf sie keinesfalls vor der Zeremonie sehen. Sie und ihre Begleiterinnen warten in einem Raum die ganze Zeit auf ihn und bekommen von dem Trubel, der vorher abläuft, nichts mit.

Nachdem die Braut und ihre Begleiterinnen im blitzblank saubergeputzten weißen Hochzeitsauto zum Tempel gefahren sind, warten wir alle voller Neugier auf den Bräutigam. Zwischenzeitlich ist die Sonne untergegangen und es wird langsam kalt. Unsere Geduld wird ziemlich auf die Probe gestellt. 3 Stunden nach dem Aufbruch der Braut fragen wir beim indischen Organisator der Hochzeit nach und erfahren, dass die Lichterketten noch fehlen! Mit einer Stunde Verspätung treffen die Lichter endlich ein und der Organisator gibt das Startzeichen. Endlich! Der Bräutigam darf sein Zinmmer verlassen und ist angesichts der gut 1-stündigen Verzögerung ebenso ungeduldig wie wir.

Während der langen Wartezeit beobachtete ich, wie mein deutscher und auf Pünktlichkeit getrimmter Verstand die Situation analysierte und nach etlichen Auswegen suchte, um die Verspätung zu verhindern. Wenn es nach meinem Verstand gegangen wäre, hätten wir einfach auf die Lichterketten verzichtet, schließlich mussten wir auf die Braut schon eine Stunde länger warten als geplant war! Oh, mein armer Kopf bemüht sich so sehr, um Abhilfe zu schaffen und schwankt von einer Wertung zur anderen. Ich beobachte amüsiert die Verstandesakrobatik und muss über mich selber lachen.

Alle schauen hoch zum Mahut, der auf dem riesigen Elefanten bereits Platz genommen hat und von weit oben noch letzte Anweisungen gibt. Erst als das Geld stimmt, gibt er dem Elefanten das Kommando zum „Platz nehmen“, sodass der Bräutigam aufsteigen kann. Auf gehts …

 

Der Mahut vergewissert sich, ob er gut sitzt…

… dann gibt er das Kommando zum aufstehen …

und der Riese setzt sich, gemächlich schaukelnd,
in Bewegung.

Es ist ein großer Festzug, der in Richtung Tempel zieht, angeführt von einem lichtgeschmückten und lauthals Musik schmetternden LKW. In der Dunkelheit sehen die Lichter sehr festlich aus, was meinen Verstand sofort komplett versöhnt – die Verspätung ist jetzt vollkommen unwichtig … wie schön, dass es die Lichter gibt!

Direkt hinter dem Auto tanzen Männer und männliche Kinder ausgelassen und wild, hinter den Männern zeigen die Frauen ihren Hüftschwung. Die Tänzer sind geladene Gäste (unsere Gruppe) und alle aus unserem Cottage-Lager. Unsere Aufgabe ist es, für gute Stimmung zu sorgen, was uns nicht schwer fällt.

Das Schlusslicht wird vom Elefanten gebildet, der in ruhigem und gemächlich schaukelndem Schritt den festlich gekleideten Ehemann zum Tempel trägt. Er sieht KLASSE aus und tief berührt … und hat von so weit oben sicher einen guten Überblick über die vor ihm ausgelassen jolend tanzende Menge.

Unser Festzug wird auch an den Seiten von Lichtern begleitet und die ganze Szenerie erinnert mich für einen kurzen Augenblick an unser festliches Weihnachten.

Wir Ausländer, völlig ahnungslos von indischen Hochzeitszeremonien, werden immer wieder „sortiert“ und an den richtigen Platz geschoben, bis wir verstanden hatten, dass wir Frauen für uns bleiben und uns nicht mit der vor uns tanzenden Männergruppe vermischen sollen. Besonders die „Braut-Mutter“ sorgt dafür, dass die indischen Regeln eingehalten werden. Sie fordert uns auch immer wieder zu Tanzeinlagen auf, die von den indischen Gästen und Zuschauern lauthals bejubelt und angefeuert werden.

Binnen kurzer Zeit ist die Menschenmasse auf ca. 500 – 1000 Leute angewachsen, die von überall her aus den umliegenden Zelten dazuströmten. Polizei sorgt dafür, dass die vielen Zuschauer sich nicht mit uns „Hauptgästen“ des Brautpaares vermischen. Ich bin von der Stimmung ganz berührt, mir kommen immer wieder Freudentränen.

Der Elefant tut mir wegen des Krachs leid, doch scheint er es gelassen zu nehmen. Nach schätzungsweise einer Stunde haben wir die 500 m bis zum Ritualplatz tanzend hinter uns gelassen und ziehen mit viel Tam Tam in den Shiva-Tempel ein, wo die Braut seit Stunden wartet und der Bräutigam vom Elefanten steigt.

Nach der Verabschiedung des Elefanten, der sich zügig aus der lauten Menge entfernt, absolviert der Bräutigam zunächst viele, von Priestern angeleitete Zeremonien allein, die ca. eine Stunde andauern.

Was tut die Braut in der Zwischenzeit?
Warten …

Dann ist es endlich soweit, beide dürfen zueinander und vollziehen gemeinsam noch mehrere Rituale, die von den indischen, Gebete murmelnden Priestern angeleitet werden und mindestens eine weitere Stunde in Anspruch nehmen. Die Priester zeigen den beiden genau, was zu tun ist und achten auf die korrekte Ausführung.

Mitten in der der Zeremonie werden die „Hochzeitsringe“ getauscht …

… in Indien gibt es statt der Ringe eine Blumengirlande, die sich das Paar gegenseitig um den Hals legt.

Die Zeremonie empfand ich als viel intensiver, tiefgehender und verbindlicher als das deutsche kurze Ritual auf dem Standesamt. Ich hatte den klaren Eindruck, dass die beiden Eheleute während dieser langen Zeremonie auf energetischer Ebene wirklich miteinander verbunden wurden. Alles in allem eine wundervolle Hochzeit und mein herzlichster Dank geht an das Paar Oliver & Suyin, dass ich dabei sein durfte!

21.02.13: 

Ich fuhr zusammen mit zwei anderen zum Flughafen nach Allahabad, um die Rückflüge zu checken. Obwohl nur eine Person vor uns im Büro ist, dauert es knappe 2 Stunden, ehe wir dran sind. Eine weitere Stunde im Büro des sehr netten Managers, der uns viel aus seinem Privatleben erzählt, gute Tipps über Sehenswürdigkeiten in Nordindien gibt und leckeren Tee spendiert, was uns wieder versöhnt. In Indien ist eben alles anders. Auf der Heimfahrt kehrten wir in einem indischen Einkaufscenter ein, das wir als enttäuschend europäisch empfanden. Die Inder fanden es toll, doch wir waren auf indische Kleidung aus, die nur wenig im Angebot war. Damit hatten wir nicht gerechnet und verließen das Einkaufscenter recht bald wieder. Mit eineinhalb Stunden Hin- und Rückfahrt war der gesamte Tag verbracht.

22.02.13: 

Wir statten den 30 Ramalinga Swamis in deren Kumbh-Lager einen Gegenbesuch ab, meditieren zusammen, singen das Lichtmantra und stellen Fragen, Fragen, Fragen …

Die Energie der Menschen ist licht- und liebevoll und wir fühlen uns herzlich willkommen. Wir verbringen den Nachmittag mit ihnen und genießen das Beisammensein mit dieser besonderen Gruppe.

23.02.13: 

Am Morgen ziehen wir los zur Kumbh und wollen einfach schauen, wohin es uns führt und was uns begegnet.

Ein Naga-Baba liegt auf seinem Dornenbett – so ganz wohl scheint er sich nicht zu fühlen, das ist jedenfalls mein Eindruck, aber es geht ja bei den spirituellen Übungen auch nicht darum, sich wohlzufühlen.

Wenn er die Augen öffnete, erschienen sie mir weit entrückt und nicht hier in diese Welt zu blicken. Mir vorstellend, dass ich auf den spitzen und scharfen Dornen liegen würde, spüre ich, dass ich in sehr tiefe Tiefen meines Selbst absteigen müsste, um die Dornen nicht zu fühlen und auf ihnen mehrere Stunden liegen zu können.

Ein Mahut mit seinem Elefanten läuft gemächlich durch die vollen und lauten Straßen. Der Elefant fischt mit seinem Rüssel nach den Leuten, die sich ihm nähern und gibt das ihm in den Rüssel gesteckte Geld seinem Herrn. Die Tiere sind riesig und ich frage mich, wie so viel geballte Kraft dazu gebracht werden kann, ruhig und gehorsam durch die Menschenmenge und den Krach zu laufen, ohne zu erschrecken und in Panik zu geraten. Es wäre leicht für den Elefanten, einfach wegzurennen … in seine Freiheit. Nur ist ihm das nicht bewusst.

Wir treffen auf Yogis, die unsere Gruppe zu einem Tee einladen. Nach einem kurzen Gespräch und einer erneuten Verabredung für den nächsten Tag ziehen wir weiter.

Gesang „Sita Ram, Sita Ram …“ zieht uns an und wir setzen uns zu der Familie, die, so mein Eindruck, aus den Bergen des nördlichen Indien stammt. Der Vater singt lachend stundenlang ohne Pause sein Lied. Zwei der Kinder, vielleicht 8 Jahre alt, sind wunderschön gekleidet und stellen Götter dar, die später die Zuschauer mit roter und weißer Farbe segnen. Zwei Mädchen beginnen nach einiger Zeit zur Musik des Vaters zu tanzen, der sie immer wieder zum Weitertanzen ermuntert. Die beiden schätze ich auf 10 und 13 Jahre alt. Es liegt ihnen im Blut, die Hüfte zu schwingen. Ihr Tanz hat etwas anmutiges, obwohl ich auch den Eindruck habe, dass sie nicht wirklich so recht Lust zum tanzen haben.

Am frühen Nachmittag wird es dunkel am Himmel und starker Regen und Wind zieht auf. Nach einem Mittagessen an einem der Stände nutze ich eine kurze Regenpause für den Rückweg zum Cottage, da mir hundekalt ist. Das Wetter scheint weltweit verrückt zu spielen, denn normalerweise ist Regen in Allahabad im Februar sehr ungewöhnlich, da die Regenzeit vorbei ist. So wird es uns jedenfalls von den Einheimischen erzählt.

Ich bin ziemlich kumbha-satt und denke immer öfter an den Heimflug übermorgen am 25., einem weiteren Hauptbadetag und offzielles Ende der Kumbha. Da erneut Millionen Menschen erwartet werden, sollen alle Straßen von und nach Allahabad gesperrt werden. Uff … wie komme ich zum Flughafen? Die Lösung ist ganz einfach: morgens 3:30 Uhr per Auto, vor der Sperrung. Mir soll es recht sein, Hauptsache, ich komme rechtzeitig zum Flughafen in Allahabad …

24.02.2013: 

Wir sind auf dem Weg zu den Yogis, mit denen wir uns gestern verabredet hatten und obwohl wir uns sicher sind, sie leicht wiederzufinden, suchen wir in den endlos vielen Straßen, laufen vor und wieder zurück … alles sieht so gleich aus. Da wir das Camp nicht gleich finden, sind wir etwas beunruhigt; ein Feuer-Baba wollte für uns um 10:30 Uhr die Kuhfladen anzünden und uns die gesamte Zeremonie zeigen. Das wollen wir auf keinen Fall verpassen. …

Erleichterung, die Männer unserer Gruppe haben das Camp gefunden – wie gut, dass wenigstens sie sich orientieren können. 😉

Die Yogis begrüßen uns wie alte Bekannte – wie schnell das geht. Als Kumbha-Erfahrene ziehen wir wie selbstverständlich unsere Schuhe aus und nehmen auf den Matten unter dem bräunlichen Zeltdach Platz, genießen den wohlschmeckenden Tee, stellen Fragen und sind beeindruckt von der Zeremonie, die viele Handgriffe, Yogaübungen sowie gemurmelte Gebete und Mantren vor und nach dem Sitzen im Kreis der Kuhfladen beinhaltet.

Einer der Babas wendet sich an mich und wir kommen ins Gespräch. Ich erzähle ihm von meiner Angst in der Meditation, die auftaucht, wenn ich sehr tief in Meditation bin. Und dass ich auf der Suche nach einem Guru bin. Daraufhin meinte er, ich hätte ihn so eben gefunden. Er bietet mir Hilfe an und bittet mich, mit in sein Zelt zu kommen. Dankbar und neugierig auf die Hilfe nehme ich das Angebot an und folge ihm allein in sein kleines, dunkles Zelt. Dort weist er mich an, mit meditieren zu beginnen und setzt sich, die Augen auf mich gerichtet, ca. 2 m vor mich hin. Ich schließe meine Augen, bin vollkommen ruhig, fühle mich geborgen und sicher und es gelingt mir trotz der Beobachtung leicht, mich auf meinen Unterbauch zu konzentrieren. Nach einer Weile gibt mir der Baba einige Hinweise zu Atmung und Konzentration und berührt für einige Augenblicke die Stelle an meiner Stirn, wo das 3. Auge sitzt. Sofort gleite ich in eine tiefere Trance, nehme einen weiten, hellen raumlosen Raum wahr. Er verlässt nach einiger Zeit das Zelt, während ich weiter meditiere. Ich höre den Krach um mich herum, er berührt mich jedoch nicht, er gehört zu einer anderen Welt, zur Welt des Trubels.

Nach schätzungsweise einer Stunde wird mir mitgeteilt, dass es Mittagessen gibt. Ich kehre zurück, als würde ich aus der Tiefschlafzone aufsteigen. Die Tiefe der Meditation erinnerte mich an meine beiden mehrwöchigen Dunkelretreate. Ein schönes Geschenk so kurz vor meiner morgigen Abreise, denke ich. Nach Reis, Dal und einer leckeren Süßspeise verabschieden wir uns von den Babas dankbar mit einer Geldspende und setzen unseren Weg fort.

Ich kann nicht genau sagen, was es ist, aber ich spüre: etwas ist anders seit dem …

Auf unserem weiteren Weg bleibe ich an einem der vielen „Stände“ stehen. „Stand“ bedeutet hier einfach eine Decke mit darauf ausgebreiteten Waren unterschiedlichster Art. Alles kann hier gekauft werden, es braucht dafür kein Kaufhaus, nur selten Tische, keine Computer, keine Kasse etc.

Ich fühle mich von dunkelbraunen Ketten angezogen und erfahre, dass die eiförmigen Teile Samen der Lotusblüte sind. Die Kette fühlt sich ganz weich in meiner Hand an und mein Herz sagt ja – also nehme ich eine mit, sehr zur Freude der jungen Inderin, die sie mir verkauft. Sie sucht mir eine extra schöne aus, frei von Madenlöchern oder anderen natürlichen Schäden.

Unser Weg führt uns zu einem 28 jährigen Yogi, dessen Sadhana ist, im Sommer im brennenden Kuhfladen-Kreis und im Winter bis zum Hals im kalten Wasser sitzend zu meditieren.

Er zeigt und erklärt uns etliche Yoga-Übungen und Finger-Mudras …
Seine Gelenkigkeit ist beeindruckend. Einige Mutige aus unserer Gruppe probieren es ihm nachzumachen, die meisten jedoch versuchen es gar nicht erst. Der Yogi hat sichtlich Freude an unseren ungelenkigen Versuchen, er amüsiert sich, jedoch ohne Spur von Schadenfreude. Es ist ein Lächeln des Herzens, gleich einem Kind.

Spät abends machen wir uns auf den Heimweg in Richtung Sektor 14. In wenigen Stunden werde ich mit dem Taxi nach Allahabad aufbrechen, um den langen Heimflug zurück nach Deutschland anzutreten. Ich bin übererfüllt mit Kumbh-Energie und ein Gefühl der Dankbarkeit und Freude durchströmt mich. Dank an Indien für all die seltenen und ungewöhnlichen Situationen und beeindruckenden Menschen, die meinen Erfahrungshorizont erweiterten und Freude auf Deutschland und die Menschen dort.

25.02.2013: 

In aller Herrgottsfrühe um 3:15 Uhr stehe ich wie vereinbart an der Rezeption. Was fehlt ist das Auto, das mich und noch zwei aus der Gruppe zum Flughafen nach Allahabad bringen soll. Als es nach 15 Minuten noch immer nicht auftaucht, werde ich unruhig, auch weil die Mitarbeiter aus der Rezeption behaupteten, wir hätten keinen Flughafentransfer bestellt. Irrationale Ängste kommen auf, den Flug nach Delhi zu verpassen, die sich damit beruhigen lassen, dass der Flughafen zur Not auch zu Fuss zu erreichen ist – es sind nur 17 km bis dorthin und mein Flug geht erst am Nachmittag.
Eine halbe Stunde später kommt die erlösende Nachricht, dass das Auto da ist. Der Fahrer hatte ganz in der Nähe an der Straße geparkt, im Auto geschlafen und von unserer Aufregung nichts mitbekommen, bis er von einem der Mitarbeiter der Rezeption entdeckt und geweckt wurde. Die Freude und Erleichterung über sein Dasein lässt die unruhigen Momente der vergangenen halben Stunde schnell in Vergessenheit geraten, es ist einfach nicht mehr wichtig.
Der Fahrer kennt sich gut aus und fährt Schleichwege, die an den bereits überall vorhandenen Straßensperrungen vorbeiführen. Ich atme erleichtert auf, als wir über die Ganges-Brücke fahren und die Sperren hinter uns liegen.

Die nächste Ernüchterung trifft mich, als wir nach über einer Stunde am Flughafen eintreffen – geschlossen! An diese Möglichkeit hatte ich nicht im Traum gedacht. Es ist verdammt kalt, gefühlte 2°C. So kramen wir sämtliche warmen Sachen aus unseren Koffern und machen es uns auf diesen bequem. Offiziell soll der Flughafen 7 Uhr öffnen – noch zwei Stunden bis dahin. Obwohl uns die Kälte schnell bis in die Knochen kraucht, ist das Glücksgefühl, am Flughafen zu sein, größer als die Enttäuschung darüber, dass er noch geschlossen ist. Gegen 7 Uhr erscheint die Sonne am Horizont und wärmt uns mit ihren goldenen Strahlen schnell auf und 7:30 Uhr öffnet endlich auch ein Bediensteter das Flughafentor. Die Uhrzeit wird in Indien nicht so genau genommen.

Meine beiden Kameraden verließen mich zwei Stunden später mit dem Vormittagsflug nach Delhi. Ich hatte versucht mit an Bord zu kommen, was leider nicht möglich war – die Maschine war voll. So hob ich am Nachmittag glücklich und zufrieden mit der kleinen Propellermaschine in Richtung Delhi ab, die erste Etappe meines Heimfluges. Nach weiteren 6 Stunden Wartezeit in Delhi checkte ich nachts in den Flug nach Europa ein, wo ich 9 Stunden später superpünktlich in Wien landete. Die eine Stunde Transferzeit bis zum Weiterflug verging wie im Fluge und ich erreichte das schneebedeckte und kalte Berlin am Vormittag des 26.2.13. Der Temperaturunterschied zu Indien von fast 30°C ist mehr als deutlich zu fühlen. Das Energiefeld von Berlin war etwas anders als das Wiener Feld und gänzlich verschieden vom indischen Flair, doch finde ich nicht die passenden Worte, um die Unterschiede in beschreibende Worte zu kleiden.

Ich empfinde große Dankbarkeit für diese Erfahrungen, die in mir nachwirken.

Saskia John, April 2013

Inhalt

Saskia John

Über die Autorin:

Saskia John wurde in der ehemaligen DDR geboren und studierte dort Veterinärmedizin. Nach der Wende absolvierte sie eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. Seit 1994 arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis. Sie unterstützt Menschen auf ihrem persönlichen Weg zu Heilung und spirituellem Wachstum.
Dabei greift sie auf langjährige Erfahrung in der Trauma Heilung, Inneren-Kind-Arbeit und in der Begleitung von Dunkelretreat-Prozessen zurück. Ihre Arbeit ist geprägt von Reisen nach China und Japan, die sie mit fernöstlichen Heilmethoden in Berührung kommen lassen.
Das Dunkelretreat ist ihr Herzens- und Forschungsprojekt. Sie selbst verbrachte insgesamt 62 Tage in absoluter Dunkelheit. „26 Tage Dunkelheit – Ein Bewusstseins-Experiment“ ist ihr zweites Buch.

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