Einführung
„Stell dich nicht so an!“ – dieser scheinbar harmlose Satz kann tiefgreifende Auswirkungen auf die emotionale Entwicklung eines Kindes haben.
Im zweiten Teil meiner Beitragsreihe zeige ich, wie solche Bemerkungen versteckte Botschaften enthalten, die das Selbstwertgefühl und die emotionale Regulation von Kindern nachhaltig beeinträchtigen können.
Es ist entscheidend, dass wir als Erwachsene uns der Macht unserer Worte bewusst sind und eine unterstützende sowie respektvolle Kommunikation mit unseren Kindern pflegen.
5 druckauslösende Botschaften in „Stell dich nicht so an!“
Abwertung der Leistung oder des Verhaltens des Kindes
Wenn ein Erwachsener einem Kind sagt, es solle sich nicht so anstellen, deutet dies oft darauf hin, dass der Erwachsene die Leistung oder das Verhalten des Kindes als unzureichend empfindet und erwartet, dass das Kind sich besser anpasst oder besser funktioniert.
Die Aussage kann auch implizieren, dass der Erwachsene der Meinung ist, das Kind solle Schwierigkeiten oder Herausforderungen leichter nehmen und weniger emotional oder sensibel reagieren.
Insgesamt signalisiert diese Aussage, dass der Erwachsene bestimmte Erwartungen an das Verhalten oder die Leistung des Kindes hat und es nicht akzeptiert, wenn das Kind diesen Erwartungen nicht entspricht.
Wegwischen kindlicher Gefühle
Das Kind kann den Eindruck bekommen, dass seine Gefühle nicht wichtig sind. Dadurch könnte es beginnen, seine Gefühle zu unterdrücken und sich schuldig zu fühlen, weil es sich so fühlt, wie es sich fühlt.
Aufforderung zur Unterdrückung von Emotionen
Indem das Kind aufgefordert wird, „sich nicht so anzustellen“, kann ihm implizit vermittelt werden, dass es seine Emotionen nicht zeigen oder ausdrücken sollte.
Dies kann dazu führen, dass das Kind lernt, seine Emotionen zu verbergen, was langfristig zu Problemen mit der emotionalen Regulation führen kann.
Darüber hinaus kann es zu einer inneren Trennung und dem Tragen einer „Maske“ kommen, mit der das Kind nach außen vermittelt, dass alles in Ordnung ist, während es innerlich mit Wut, Angst, Scham oder Traurigkeit kämpft. Diese Dynamik gilt für alle druckauslösenden Botschaften.
Erwartung von Selbstkontrolle
Die Aussage „Stell dich nicht so an“ kann dem Kind auch nahelegen, dass es in der Lage sein sollte, seine Emotionen zu kontrollieren oder über sie hinwegzukommen, ohne dass ihm die notwendigen Fähigkeiten oder Werkzeuge zur Selbstkontrolle vermittelt werden – und diese Unterstützung ihm auch nicht gewährt wird.
Fehlende Empathie und Unterstützung
Der Satz „Stell dich nicht so an!“ kann auch fehlende Empathie und Unterstützung signalisieren: Das Kind fühlt sich unverstanden und nicht unterstützt, da ihm nicht erlaubt wird, seine Gefühle auszudrücken. Stattdessen wird es bei der Äußerung seiner Gefühle mit Ablehnung konfrontiert.
Insgesamt kann die Aussage „Stell dich nicht so an!“ das Selbstwertgefühl des Kindes und seine Fähigkeit zur emotionalen Regulation beeinträchtigen.
Es ist wichtig, dass Erwachsene einfühlsam und unterstützend auf die Gefühle ihrer Kinder eingehen und sie dabei begleiten, ihre Emotionen auf gesunde Weise zu verstehen und auszudrücken.
Alternativen, was du statt „Stell dich nicht so an!“ sagen kannst
Die druckauslösende Botschaft “Stell dich nicht so an!” kann durch eine liebevollere und unterstützendere Kommunikation ersetzt werden. Hier sind einige Alternativen, die Eltern stattdessen sagen können:
Zeige Verständnis und Empathie
„Ich sehe, dass dich das (etwas) wirklich beschäftigt. Möchtest du mir erzählen, was los ist?“
„Deine Gefühle sind wichtig. Magst du mir sagen, was geschehen ist?“
„Es scheint, als ob du traurig (verärgert…) bist.
- Wie kann ich dir helfen?
- Wenn du magst, können wir gemeinsam eine Lösung finden.“
Einfühlsames und unterstützendes Eingehen auf kindliche Gefühle
“Ich verstehe, dass du dich gerade so fühlst.”
“Deine Gefühle sind nachvollziehbar.”
“Es ist in Ordnung, deine Gefühle zu zeigen.”
“Ich bin hier, um dir zuzuhören, egal wie du dich fühlst.”
Biete bedingungslose Unterstützung an
„Lass uns zusammen herausfinden, wie wir das Problem lösen können.“
„Ich bin hier, um dir zu helfen. Was brauchst du (brauchen wir), damit es gelingt?“
„Wir können das gemeinsam angehen, Schritt für Schritt.“
„Du musst das nicht allein bewältigen. Ich bin hier für dich, egal was passiert.“
Bestätige warmherzig die Gefühle des Kindes
„Es ist sehr verständlich, dass du dich so fühlst.“
„Ich fühle Deine Gefühle. Wollen wir zusammen überlegen, was du tun kannst?“ (oder: …, was du brauchst, damit du dich wieder wohl fühlst?)
Fazit
Durch liebevolle und unterstützende Aussagen können Eltern ihrem Kind zeigen, dass seine Gefühle und Bedürfnisse ernst genommen werden. Das stärkt das Selbstwertgefühl und fördert eine gesunde emotionale Entwicklung.
Unterstützende Aussagen und Fragen helfen dabei, die Gefühle des Kindes zu validieren und bieten Unterstützung, ohne zusätzlichen Druck oder Missverständnisse zu erzeugen. Diese Formulierungen erkennen zudem die Gefühle des Kindes an, ohne den Eindruck zu erwecken, dass das Kind diese Gefühle unbedingt akzeptieren oder mögen muss.
Das vollständige Video zur Aussage findest du hier:
Die Wirkung elterlicher Worte (4): Was der Satz „Stell dich nicht so an!“ in Kindern auslöst
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