Von Erwartungen befreit: Ein Weg zu echter Dankbarkeit und Verbundenheit

Von Erwartungen befreit: Ein Weg zu echter Dankbarkeit und Verbundenheit - Saskia John

Inhalt

Einführung

„Du bist so undankbar!“ Eltern haben manchmal ihrem Kind gegenüber die ausgesprochene oder unausgesprochene Erwartung der Dankbarkeit. Erfüllt das Kind diese Erwartung nicht, werfen sie ihm Undankbarkeit vor.

Was dieser Vorwurf bewirkt und wie er die Beziehung zwischen Kind und Eltern belastet, erkläre in diesem Beitrag.

Dankbarkeit ist ein tiefes Gefühl im Herzen, das mit Wertschätzung und Anerkennung einhergeht. - Saskia John

Was bedeutet Dankbarkeit?

Dankbarkeit ist ein tiefes Gefühl im Herzen, das mit Wertschätzung und Anerkennung einhergeht.

Dankbarkeit ist mehr als bloße Höflichkeit und beinhaltet eine echte emotionale Reaktion auf die Güte, die einem widerfahren ist.

Dankbarkeit kann sich auf materielle Geschenke, Unterstützung in schwierigen Zeiten, auf die Freundlichkeit und das Wohlwollen anderer Menschen, auf Naturerlebnisse oder auf persönliche Erfolge beziehen.

Da Dankbarkeit eine Regung im Herzen ist, geht sie zugleich einher mit einem Gefühl der Verbundenheit, Liebe, Zufriedenheit, Freude und Gelassenheit. Wenn diese Herz-Qualitäten – und damit die Dankbarkeit – nicht gefühlt werden, können sie auch nicht wahrhaftig ausgedrückt werden. Weder von einem Erwachsenen noch von einem Kind.

Kinder zeigen auf ihre Art, was sie gerade fühlen. Sie drücken es über ihr Verhalten aus.

Ist ein Kind dankbar, strahlt es Freude, Lachen und Leichtigkeit aus. Es teilt seine Erfahrungen freudig mit den Eltern oder anderen Menschen. Da die Herzoffenheit und Freude unsere Natur ist, stellt sich, wenn Dankbarkeit, fehlt, die Frage, warum das Herz geschlossen ist.

Missverständnisse über Undankbarkeit entstehen oft aus Unwissenheit darüber, welche Faktoren die Fähigkeit eines Kindes zur Dankbarkeit beeinflussen können. - Saskia John

4 mögliche Gründe, warum keine Dankbarkeit gezeigt werden kann

Fehlende Dankbarkeit ist ein Symptom, dem ein Prozess vorausgeht, der meistens unbewusst ist. Wenn Kinder sich nicht mehr freuen können, dann hat das einen Grund. Und dieser Grund liegt meiner Erfahrung nach nicht darin, dass das Kind undankbar ist:

Entwicklungsstufe des Kindes

Kleine Kinder können noch keine Dankbarkeit zeigen, da sie nicht wissen, was das ist. Sie brauchen Zeit, um in die Entwicklungsstufe hineinzuwachsen, wo es ihnen möglicher ist, die Bedeutung von Dankbarkeit zu erfassen, und ihre Gefühle in Worte zu kleiden.

Perspektive und Empathie

Kinder entwickeln erst im Laufe der Zeit ein Verständnis für die Perspektiven anderer Menschen. Sie können die Bedeutung all dessen erst voll erfassen, wenn sie selbst Eltern sind.

Ein Beispiel dafür ist das Kochen für die Familie oder das Kaufen von Geschenken. Bis sie selbst Eltern sind und sich täglich um Mahlzeiten kümmern oder liebevoll Geschenke für ihre Kinder aussuchen, können sie die wahre Bedeutung dieser Handlungen nicht vollständig erfassen.

Erst wenn sie die Freude ihrer Kinder über ein Geschenk sehen oder erleben, wie anstrengend der Familienalltag sein kann, wird ihnen bewusst, welcher Aufwand und Hingabe dahintersteckt. Erst dann können sie aus eigener Erfahrung die Energie und Anstrengung, die solche Aufgaben erfordern, wirklich nachvollziehen, entsprechend wertschätzen und Anerkennung dafür empfinden und ausdrücken.

Kommunikationsfähigkeit des Kindes

Manchmal drücken Kinder ihre Dankbarkeit auf eine Weise aus, die Erwachsene möglicherweise nicht sofort erkennen.

Daher ist es hilfreich zu wissen, wie Kinder ihre Gefühle ausdrücken. So wird es weniger zu vorschnellen Vorurteilen, Annahmen und Vermutungen und dem Vorwurf der Undankbarkeit kommen. 

Beispiel:

Stell dir vor, ein Kind erhält ein Geschenk von seinen Eltern, das es wirklich mag.  Es sagt jedoch nicht „Danke“.

Stattdessen spielt das Kind stundenlang mit dem Geschenk, lächelt und strahlt vor Freude, wenn es damit interagiert, und teilt seine Freude mit den Eltern, indem es ihnen zeigt, wie es das Geschenk verwendet.

Auf diese Weise zeigt das Kind, dass es das Geschenk schätzt und dankbar dafür ist.


Ein Erwachsener könnte das jedoch mit dem Kopf so interpretieren, dass das Kind undankbar ist, weil es nicht „Danke“ gesagt hat.

Ich halte es für wichtig, dass wir Erwachsenen sensibel für die verschiedenen Arten sind, wie Kinder ihre Dankbarkeit ausdrücken, und nicht auf traditionellen Ausdrucksweisen wie das Aussprechen des Wortes „Danke“ bestehen.

Diese Faktoren sind die Entwicklungsstufe, die Empathie- und Kommunikationsfähigkeit und die Umgebung des Kindes. - Saskia John

Einfluss der Umgebung

Wenn ein Kind undankbar erscheint, kann das auch an der Umgebung und den Erziehungspraktiken liegen. Z. B. wenn wir Erwachsene undankbar Kindern gegenüber sind.

Eltern haben eine Vorbildrolle. Wenn Eltern sich untereinander und auch ihren Eltern, ihrem Arbeits-, Freundes- und Bekanntenkreis und ihrem Kind gegenüber mit Achtung und Dankbarkeit begegnen, wird das Kind diese Verhaltensweise mit hoher Wahrscheinlichkeit übernehmen.

Kinder spiegeln das Verhalten der Erwachsenen. Eine liebevolle und unterstützende Umgebung trägt dazu bei, dass Kinder, wenn sie alt genug sind, Dankbarkeit ausdrücken können.

Eine Umgebung, die von Härte, Vorwürfen, Erpressungsversuchen, Forderungen, Erwartungen oder Vernachlässigung geprägt ist, bewirkt genau das Gegenteil.

Beispiel:

Die Aussage „Du bist undankbar!“ ist ein Vorwurf und eine Schuldzuweisung an das Kind. So einen Satz sagt ein Erwachsener, der eine Erwartungshaltung hat, und frustriert ist, weil das Kind diese nicht erfüllt.

Daher kann der Satz auch nur als Vorwurf beim Kind ankommen.

Der Vorwurf der Undankbarkeit erzeugt Schuldgefühle im Kind, denn es glaubt, dass es etwas falsch gemacht hat.

Das heißt aber nicht, dass das Kind auch undankbar ist. Und das heißt auch nicht, dass das Kind etwas falsch gemacht hat und schuldig IST.

Sich beschuldigt fühlen erzeugt Scham, Angst, Traurigkeit und Wut, aber keine Freude und keine Dankbarkeit.

Als Erwachsener Schuld zu erzeugen und Macht auszuüben, hat herzverschließende Auswirkungen im Kind, weil es ihm emotional weh tut.

In dem Moment wird eine emotionale Wunde erzeugt. Und das wird sich früher oder später im Verhalten des Kindes zeigen.

Echte Dankbarkeit wird ein Kind mit verschlossenem Herzen weder fühlen noch ausdrücken können.

Es kann dann nur noch „Danke“ sagen, ohne Dank zu empfinden.
Und es wird „Danke“ sagen, um den schmerzhaften Vorwürfen aus dem Weg zu gehen. Das wäre die Anpassung.

Diese Art Dank wäre ein verpflichtender Dank, der aus der Angst heraus
und rein aus dem Kopf gesagt wird – ohne Beteiligung des Herzens. Das wäre unauthentisch und im Grunde eine Lüge – sich selbst und anderen gegenüber.

Der Vorwurf der Undankbarkeit belastet ein Kind schwer. - Saskia John

Vorwurf der Undankbarkeit: Was passiert im Kind?

Unterdrückung der eigenen Bedürfnisse

Wenn ein Kind mit dem Vorwurf der Undankbarkeit konfrontiert wird, kann es sein, dass es sich selbst in Frage stellt und seine eigenen Bedürfnisse und Gefühle unterdrückt, um die Erwartungen der Eltern zu erfüllen.

In dem Fall wäre das ein Rollentausch, wo das Kind beginnt, sich emotional um die Bedürfnisse der Eltern zu kümmern, statt dass sich die Eltern um die Bedürfnisse ihres Kindes kümmern.

Die Ordnung wäre durcheinander, was wiederum Konsequenzen für alle Beteiligten hat. Weiterhin kann es im Kind zu einem Gefühl der Unzulänglichkeit und des Versagens führen.

Unerfüllbarer Erwartungsdruck

Wer Erwartungen an ein Kind hat, fühlt sich innerlich in der Regel klein.

Automatisch kommt das Kind in die Position, die Erwartungen erfüllen zu müssen. Dazu muss es sich innerlich groß machen, obwohl es weder groß ist noch groß sein kann.

Und: Egal, wie sehr ein Kind sich anstrengt, es kann die Erwartungen von Erwachsenen niemals voll erfüllen. Einfach weil ihm das Bewusstsein und die Jahre an Übungszeit fehlen, die der Erwachsene schon hinter sich hat.

Zwischen dem Erwachsenen und dem Kind gibt es keine Ebenbürtigkeit. Das kann ein Kind jedoch noch nicht durchschauen. Also gib deinem 3-, 5- oder 10-jährigen Kind noch ca. 10 – 20 Jahre Zeit und dann schau erneut, ob es das dann kann, was du jetzt sinnloser Weise von ihm als kleines Kind erwartest. Sinnlos deswegen, weil es deiner Erwartungshaltung nicht gerecht werden kann. Und in der Zwischenzeit, bis dein Kind erwachsen ist, lebst du ihm zusammen mit deinem Partner voller Freude vor, was du dir von ihm wünscht.

Auch kann es den Eindruck haben, nie zu genügen, selbst wenn es sein Bestes gibt. Auch für erwachsene Kinder kann der Undankbarkeitsvorwurf eine große Belastung sein, v. a. wenn sie den Vorwurf mit ihren Eltern aus ihrer kindlichen Angst heraus nicht klären. Das vergiftet die Beziehung zwischen Eltern und Kind und wirkt sich auf das Herz und den ganzen Körper aus.

Eltern können statt des Vorwurfs eine unterstützende Umgebung schaffen, die Wertschätzung vermittelt. - Saskia John

Was können Eltern tun? Wertvolle Tipps um eine unterstützende Umgebung zu schaffen

Statt eines Vorwurfes können Eltern ihr Kind ermutigen, ihre Gefühle und Gedanken auszudrücken. Und sie können lernen, die Perspektive ihres Kindes anzuerkennen, statt diese als falsch zu bewerten und zu verurteilen.

Kurz gesagt: Eltern können sich ihre Vorwürfe, Schuldzuweisungen und Erwartungen bewusst machen und diese bewusst weglassen.

Ein Erwachsener kann sich auch dazu entscheiden, dem Kind mit Wertschätzung und Akzeptanz zu begegnen. Indem ich das tue, schaffe ich eine sichere Umgebung für das Kind und eine Atmosphäre der Harmonie und der Liebe, in der echte Dankbarkeit von ganz allein entsteht, wenn das Kind in die emotionale Reife hineingewachsen ist.

Wenn wir uns auf diese Weise unseren Kindern gegenüber verhalten, schaffen wir eine Welt, in der Dankbarkeit nicht erzwungen wird, sondern aus dem Herzen kommt. Nur so können wir echte Bindungen aufbauen und unsere Beziehungen stärken.

Die Ausdrucksweisen der Kinder zu verstehen und anzuerkennen, schafft eine Atmosphäre, in der echte Dankbarkeit auf natürliche Weise entstehen kann. - Saskia John

Fazit – Wertschätzung und Akzeptanz statt Vorwurf

Der Vorwurf der Undankbarkeit kann massive negative Folgen für die Eltern-Kind-Beziehung haben.

Missverständnisse über Undankbarkeit entstehen oft aus Unwissenheit darüber, welche Faktoren die Fähigkeit eines Kindes zur Dankbarkeit beeinflussen können – wie beispielsweise die Entwicklungsstufe, die Empathie- und Kommunikationsfähigkeit und die Umgebung des Kindes.

Erhalten Kinder den Vorwurf der Undankbarkeit, werden sie schwer belastet. Es erzeugt Leid in ihnen, was die meisten Erwachsenen im Grunde ihres Herzens gar nicht beabsichtigen.

Es ist daher notwendig, dass Eltern eine unterstützende Umgebung schaffen, die das Ausdrücken von Wertschätzung fördert.

Gleichermaßen wichtig ist es, die emotionalen Ausdrucksweisen der Kinder zu verstehen und anzuerkennen, um eine Atmosphäre zu schaffen, in der echte Dankbarkeit natürlich entstehen kann.

In meinem Video Du bist so undankbar! Wie der Vorwurf die Beziehung belastet kannst du noch einmal alle Informationen nachvollziehen: 

 

Inhalt

Saskia John

Über die Autorin:

Saskia John wurde in der ehemaligen DDR geboren und studierte dort Veterinärmedizin. Nach der Wende absolvierte sie eine Ausbildung zur Heilpraktikerin. Seit 1994 arbeitet sie in ihrer eigenen Praxis. Sie unterstützt Menschen auf ihrem persönlichen Weg zu Heilung und spirituellem Wachstum.
Dabei greift sie auf langjährige Erfahrung in der Trauma Heilung, Inneren-Kind-Arbeit und in der Begleitung von Dunkelretreat-Prozessen zurück. Ihre Arbeit ist geprägt von Reisen nach China und Japan, die sie mit fernöstlichen Heilmethoden in Berührung kommen lassen.
Das Dunkelretreat ist ihr Herzens- und Forschungsprojekt. Sie selbst verbrachte insgesamt 62 Tage in absoluter Dunkelheit. „26 Tage Dunkelheit – Ein Bewusstseins-Experiment“ ist ihr zweites Buch.

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